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Die Hunde (Pfeffel) (Andere Gedichte)

?Die Hunde.


Vor Zeiten da die Hunde noch
Entfremdet von des Menschen Joch
Nomadisch in den Wäldern haußten,
Fiel manchem seine Nahrung schwer,

Weil ihnen Wolf und Fuchs und Bär

Aus Mißgunst oft das Fell zerzaußten.
Allein sie waren frey: der Krieg
Gab ihnen Kraft, und Ruh der Sieg,
Und wenn die grauen Helden starben,

So küßten Enkel ihre Narben,

Und schwuren brav wie sie zu seyn.
Zuletzt, durch stete Balgereyen
Ermüdet giengen die Partheyen
Den Theilungsplan des Bären ein,

Der sich, dem Wolf und Fuchs die Wälder,

Der Hundezunft die flachen Felder,
Zur Wildbahn vorschlug. Anfangs war

[149]

Der kriegserfahrnen Hundeschaar
Die Jagd ergiebig; Feld und Wiesen

Gewährten ihnen reiche Prisen

An Haasen und an kleinerm Wild,
Das sie mit Siegsgeschrey verzehrten.
Allein je stärker sie sich mehrten,
Je leerer wurde das Gefild;

Bald gab es gar nichts mehr zu jagen

Und nun trat bittrer Mangel ein;
Die muthigsten (ein leerer Magen
Gehorchet keinem Grenzverein)
Bestürmten einen nahen Hain

Und wurden, ungeübt im Streite,

Weil, wenn der Hund mit Haasen kriegt,
Sein Haupttalent im Laufen liegt,
Der Bären und der Wölfe Beute.
Nun wollte zwar die Colonie,

Aus Hunger Obst und Wurzeln kauen,

Allein die Armen lernten sie
So wenig als das Gras verdauen.

     Jetzt schlich ein abgezehrter Greis,
Ein Pudel war’s, in ihren Kreis

Und sprach: was wollen wir uns plagen,

Mit Müh und Fahr in Wald und Flur,
Um jeden Bissen uns zu schlagen?
Wagt ihr’s dem König der Natur
Euch zu Gehülfen anzutragen,

So habt ihr Obdach, Schutz und Brod.

Er schwieg. Der Schlauste der Sophisten
Der alles übertäubt, die Noth,
Half ihm die Brüder überlisten.
Die Motion ward dekretirt,

Und Vater Pudel deputiert,

Die Unterhandlung anzufangen.
Gescheute Köpfe krönt das Glück;
Der Mensch gewährte sein Verlangen
Und keine Woche war vergangen

So kam schon der Legat zurück.

Mit vollem Wanst und glatten Backen
Trug er zum Pfand der Allianz

[151]

Ein goldnes Halsband um den Nacken
Und bunte Schleifen auf dem Schwanz.

Das war ein Jubel! Die Verwandten

Empfiengen ihren Abgesandten
Mit Feldmusik und Ringeltanz.
Nun traten die verschiednen Casten,
Bey Hirten, Bauern und Dynasten

In ihre neuen Aemter ein.


     Der erste Tag glich einem Feste:
Die Wirthe gaben froh die Reste
Der Mahlzeit preis, um ihre Gäste
Zu Bundsgenossen einzuweihn.

Entzückt pries jeder seinen Retter

Und sein Geschick, ward täglich fetter
Und heimischer. Doch dieser Schein
Des Glücks bestand nur wenig Wochen;
Der Freund ward nach und nach ein Knecht,

Die Hauskost wurde schmal und schlecht,

Bald war’s ein abgeschälter Knochen,

[152]

Bald Spühlicht oder hartes Brod;
Und fand zu seines Zwingherrn Freude
Durch ihn ein Haas, ein Hirsch den Tod,

Da war sein Lohn das Eingeweide.

Mit jedem Jahre wuchs das Maas
Des Grames, der den armen Thieren,
Dem Krebse gleich, am Herzen fraß;
Und wollte jemand protestieren,

So hieß es: schweig du Rabenaas!

Mit einem Worte: Knut und Bande
Und Kerker waren meist ihr Loos.
Stieg einer in des Glückes Schooß,
So that er’s auf dem Weg der Schande;

Er kaufte sich der Schönen Gunst

Durch Schmiegen und durch Speichellecken
Und durch der Gaukler schnöde Kunst
Erwarb er sich die Huld der Gecken.
Noch mehr; er durfte kaum noch schreyn,

Ließ dieser, um ihn aufzuputzen,

Die Ohren und den Schwanz ihm stutzen;

[153]

Und trat zuletzt das Alter ein,
So machten oft dem Hofbeschützer,
So wie dem faulen Stubensitzer,

Ein an den Hals gehenkter Stein,

Ein Schuß, ja selbst des Henkers Hände
Durch einen Keulenschlag, ein Ende.
Auch sahen viele nie das Licht,
Die man bey der Geburt ersäufte,

Damit sich ihre Zahl nicht häufte,

Und ihre Mütter wagtens nicht
Die seufzende Natur zu rächen.
Doch endlich weckten Harm und Wuth
Des armen Völkleins trägen Muth;

Man fieng von Freyheit an zu sprechen.

In einem heimlichen Senat
Gab einst ein Pommer laut den Rath
Das Joch der Sklaverey zu brechen.
Krieg! rief der helle Haufen, Krieg!

Nur ein bejahrter Dogge schwieg

Und als der ganze Rudel wollte

[154]

Daß er sein Urtheil sagen sollte,
Sprach er: ihr wollt die Knechtschaft fliehn,
Wollt frey seyn? gut, ihr könnt es werden.

Doch wollt ihr dann auch den Beschwerden

Des schönen Kampfs euch unterziehn?
Wollt ihr, wie zu der Väter Zeiten,
Euch in den unwirthbaren Wald
Um euern kargen Unterhalt

Mit Wölfen und mit Bären streiten?

Ihr kennt des Menschen Allgewalt;
Wollt ihr, verfolgt euch seine Rache,
Dem Tode für die gute Sache
Mit kaltem Trotz entgegen gehn?

Wollt ihr… hier schwieg der Demosthen.

Warum? Ei weil die Freyheitshelden
Geschreckt in ihre Kerker flohn.
Dieß war doch ohne Ruhm zu melden,
Dein Werk, Civilisation!

PFEFFEL.

Eingetragen am 08.11.2011 09:33:35 von 2rhyme
Autor: Gottlieb Konrad Pfeffel
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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