Kunst und Liebe (Andere Gedichte)
Kunst und Liebe. Wandeln nicht viele Geister schon im Orkus, Weil der Körper noch träge hier sich quälet, Sonn’ und Mond sie wechseln und gehn vorüber, Sieh, er bemerkt’s nicht.
Wunderlich stehn sie da im Frühlingslichte, Umgetrieben von tosenden Weltgeschäften; Keinen Ton der singenden Schöpfung in ihr Enges Gefängniß! Gütige Gottheit! höre, was ich bitte,
Noch thun rauschende Wälder, bunte Blumen, Nachtigallen, Lerchen, das Frühlingsleben Mit mir befreundet; Thränen bezahl’ ich noch den großen Meistern, Ihre Schöpfung entrückt mir weltlich Treiben,
Daß ich gleich dem Trunkenen frölich taumle Sonnengeblendet, Ach! und in schönerm Wahnsinn fliegt mir selber Kunst mit allen den Meistern traumgleich abwärts Und im einsam glänzenden Aether bleibt nur
Ich und die Liebe, Gönne mir noch dies schöne Jugendleben; Laß zum nüchternen Hohn mich nie erwachen, Daß ich ernst und weise dann auf mich selber Lächle voll Mitleid.
Wird die Natur mir fremd und denk’ ich nicht mehr Zitternd, Rafael, klingt ihr süßer Nahme Nicht im Herzen, schnell o ihr gütgen Parzen Reißet den Faden! LUDWIG TIECK.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:18 von 2rhyme
Autor: Ludwig Tieck
Quelle: de.wikisource.org
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