Prinz Karneval (Die Gartenlaube 1892/4) (Andere Gedichte)
Die Fahne hoch freiem Flug, Und hinterdrein ein langer Zug Von lustigen Gesellen! Prinz Karneval ist eingekehrt, Die Pritsche ist sein Heldenschwert, Es klingeln seine Schellen. Fort alles, was das Herz bedrängt, Was uns in enge Fesseln zwängt, Die Heuchelei und Lüge! Das kühne Wort schlägt zündend ein Und fegt die dumpfen Lüfte rein Für freie Athemzüge. Und des Champagners Gluth erhellt Mit rosigem Schimmer Herz und Welt, Und Gram und Sorge schwinden, Und schöne Tage, längst verträumt, Erstehn zum Leben lichtumsäumt, Uns neuen Kranz zu winden. Die Maske vor in Spiel und Scherz, Die Maske fort von Geist und Herz, Die wir im Leben tragen! Heut hat die Narrheit Feiertag Und ohne jeden Schleier mag Sie selig sich behagen. Du Prinz und Herr im Narrenreich, Du bist beschwingten Faltern gleich, Die farbenprächtig funkeln – Doch naht mit seinem Mottenflug Der Aschermittwoch früh genug, Dein Leuchten zu verdunkeln. Bald löscht er aus der Lichter Glanz, Hat wie gespenstigen Totentanz Den Maskenscherz vertrieben; Doch blieb ein Leuchten noch zurück, Und Funken sind’s von Luft und Glück, Die aus der Asche stieben. Rudolf von Gottschall Prinz Karneval. Nach einer Zeichnung von Franz Stuck. - ? Das Bild wurde hier zur besseren Übersicht unten angefügt.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:47 von 2rhyme
Autor: Rudolf Gottschall
Quelle: de.wikisource.org
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