Abendphantasie (Friedrich Hölderlin) (Andere Gedichte)
Abendphantasie. Vor seiner Hütte ruhig im Schatten sizt Der Pflüger, dem Genügsamen raucht sein Herd. Gastfreundlich tönt dem Wanderer im Friedlichen Dorfe die Abendglocke.
Wohl kehren izt die Schiffer zum Hafen auch, In fernen Städten, fröhlich verrauscht des Markts Geschäft’ger Lärm; in stiller Laube Glänzt das gesellige Mahl den Freunden. Wohin denn ich? Es leben die Sterblichen
Von Lohn und Arbeit; wechselnd in Müh’ und Ruh’ Ist alles freudig; warum schläft denn Nimmer nur mir in der Brust der Stachel? Am Abendhimmel blühet ein Frühling auf; Unzählig blühen die Rosen und ruhig scheint
Die goldne Welt; o dorthin nimmt mich, Purpurne Wolken! und möge droben In Licht und Luft zerrinnen mir Lieb’ und Leid! – Doch, wie verscheucht von thöriger Bitte, flieht Der Zauber; dunkel wirds und einsam
Unter dem Himmel, wie immer, bin ich – Komm du nun, sanfter Schlummer! zu viel begehrt Das Herz; doch endlich, Jugend! verglühst du ja, Du ruhelose, träumerische! Friedlich und heiter ist dann das Alter. Hölderlin.
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:56 von 2rhyme
Autor: Friedrich Hölderlin
Quelle: de.wikisource.org
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