Tagedieb (Lustige Gedichte)
Tagedieb (von einem, der die Morgendämmerung nie erlebt, weil er sich erst nach der Abenddämmerung erhebt!)
Einst sollt ich zum Abenddämmern raus in den Wald, wo Spechte hämmern, doch komm ich so früh nicht aus dem Bett, und Tageslicht schafft mich komplett!
Wie gerne ginge ich zur Pirsch auf Wildsau, Reh und Hirsch! Auch auf Hasen, Fuchs, Fasan, legt’ ich gern die Flinte an.
Doch, leider, war’s mir nie vergönnt, weil ich das Jagen stets verpennt! Wenn ihr anderen ganz waidgerecht auf dem Hochsitz sitzt und zecht, so richtig mittendrin im Jagdgewühl, dann lieg’ ich noch im weichen Pfühl.
Ob Abenddämmerung, ob Morgengrauen, ich kann noch gar nicht aus den Augen schauen! Ob die Sonne sinkt, ob sie sich hebt, ich weiß es nicht, hab’s nie erlebt!
Ich bin ein Mensch, der erst erwacht, wenn der Tag sich wandelt in die Nacht! Wenn die Säufersonne steht am Firmament, dann erst komme ich in Frack und Hemd.
Ich scheue zwar die Arbeit nicht, doch scheue ich das Tageslicht! Geld verdienen ist profan, ich sauf mir lieber einen an! Was schert mich alle Waldeslust, ich nehm erst einen vor die Brust.
So bleibt das Jagdglück mir verschlossen, hab’ darum noch keinen Bock geschossen, hab’ keinen Elchtest je bestanden, weil sich nächtens keine Elche fanden!
Von Gottes Schöpfung, der Natur, las ich in dicken Büchern nur, und statt am hellen Vogelsang, erfreut’ ich mich am Gläserklang!
Eingetragen am 06.10.2012 10:43:56 von Federstilzchen
Autor: Jens Wohlkopf
Quelle: Eigenes Gedicht
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