Das Bergmannselend (Kämpchen) (Andere Gedichte)
Das Bergmannselend. Wie Wehruf schallt es, Wie Klaggestöhne, Mit dumpfem Röcheln Tief aus den Grüften
Im Bauch der Erde. – Wer klagt, wer ruft da In solchen Lauten, Verzweiflungsbangen, Entsetzensvollen,
Aus Nacht und Oede – O sagt, wer ruft da? – Voll Schaudern hör’ ich, Der Lichtgewohnte, Der Oualentrückte,
Am Sonnentage Die düstern Laute. – Ich höre Wimmern, Ich höre Aechzen, Vermischt mit Flüchen,
Mit wilden, grausen – Und Hohngelächter, Wie Spuk der Hölle, Wie der Verdammten Schmerzhaft Gewinsel,
Voll Wut und Ohnmacht. Dazwischen dumpfes Gepoch und Hämmern, Und Brechen, Fallen, Und Dröhnen, Knallen,
Als ob Dämone Am Werk geschäftig. – Dann wieder Fluchen Und Qualgestöhne, Und gelles Lachen. –
Wer ist der Rufer? Ich frag’ es wieder, Im Erdengrunde, Im dunkeln, düstern, Wer ist der Rufer? –
O gebt mir Kunde Von dem was unten, So fern vom Tage, Mit seinem Grollen Das Herz mir ängstigt. –
Und endlich, endlich – Aus Erdentiefen, Aus Nacht und Nebeln, Durch Felsenwände Kommt mir die Antwort:
„Das Bergmannselend!“ – Aus seinen Grüften, Aus seinen Klüften Zu dir am Tage, Du Lichtgewohnter,
Du Kettenfreier, Schickt seine Klagen Der arme Bergmann. – Im Dämmerdunkel, In Oualm und Brodem –
(Du hörst sein Röcheln, Du hörst sein Wimmern Und seine Flüche, Tief, tief im Grunde) – Schafft der Helote. –
Ihn hält das Elend, Ihn hält der Hunger, Der Kampf um’s Dasein, Der grimme, wilde, Gebannt im Schachte. –
Dort in der Enge, In Dunst und Oualme, Entblößten Leibes, Nicht menschenwürdig, Gräbt er die Kohlen. –
An seinem Schweiße, An seinem Odem (Ihm stirbt die Lunge Vom Kohlenstaube) Wärmt sich der Tagmensch
In Schloß und Hütte. – So gräbt und schaufelt, So wühlt und scharret Sich Maulwurfsgänge Im Bauch der Erde
Der arme Bergmann. – Er vegetieret – Ein Elendsdasein An Leib und Seele Im Frönerjoche –
Er vegetieret. – Doch nicht für immer! – Auch ihm, dem Maulwurf, Dem Erddurchwühler, Dem Lichtentwöhnten,
Glüh’n schon der Zukunft Rotgold’ne Lichter. – Sein Jammern, Klagen, Sein Fluchen, Grollen, Wird bald verhallen. –
Und aus den Grüften, Und aus den Klüften Steigt er zu Tage, Zur Sonnenhelle, Ein Mensch zu Menschen,
Mit Lieb und Hoffen. –
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:08 von 2rhyme
Autor: Heinrich Kämpchen
Quelle: de.wikisource.org
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