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Das Karalied (Andere Gedichte)

Das Karalied[1].
(Fornald. sög.)


Die Nacht war kühl und duftig, und mondhell lag der Pfad,
Da ritt vor Kara’s Fenster Herr Helgi Haddingskadh.
Und Thurm und Halle lagen in mondbeglänzter Ruh’.
„Wach auf, du Heldentochter! Schwertfrohe Jungfrau du!“

Da neigt sich aus dem Fenster ein weißes Angesicht.

„Was rauscht im grünen Laube? Wer ist’s, der zu mir spricht?
Und wär’ es Helgi selber, so sei dem Störer kund,
Zur Schildesjungfrau kommt man nicht in so später Stund’.“

„Sei freundlich, holde Kara, du schwanenweiße Maid!

Mich treibt vom heißen Lager der Sehnsucht süßes Leid;

Eh’ dieses Mondlicht sinket, erwartet mich ein Held,
Er liegt mit Roß und Mannen im kampfgewohnten Feld.

Mir aber folgt die Sorge, ein trübes Traumgesicht;
Ist’s eine Todesahnung? Herzlieb, ich weiß es nicht.

O laß nur eine Stunde, du sel’ge Maid, mich ein!

Ich möchte, eh’ ich sterbe, noch einmal bei dir sein.“

„Du sagst mir trübe Märe; nun quält mich Angst und Schmerz:
Des Helden beste Brünne, das ist ein freudig Herz.“ –
„Und das sollst du mir geben! An deinem rothen Mund,

Da werd’ ich kräftetrunken, und läg’ ich todeswund!“


„Daß ich dir Alles weihe, das weißt du wohl, mein Held,
Doch laß von dem Begehren um alles Heil der Welt!

[192]

Raubst du mir meinen Frieden, Herzliebster, diese Nacht,
Wie willst du freudig ziehen am Morgen in die Schlacht?“

„O Braut, wenn deine Liebe zum Schwerterkampf mich weiht,

Dann will ich freudig ziehen, und wär’s zum letzten Streit;
Doch soll ich morgen sterben, das sage ich dir an, –
So will mein Glück und Leben ich heut’ noch kühn umfah’n!“

Er schwingt sich auf zum Baume, er springt in ihr Gemach,

Ihn kümmert nicht der Knospen, die er im Sprunge brach.

In seine Arme drückt er das schreckenbange Weib;
Sie läßt es stumm geschehen, nur leise bebt ihr Leib.

Die Nachtigall schlug einsam fern hinter’m Waldessaum,
Ein Stern schoß an dem Himmel, ein Blüthlein fiel vom Baum.

[193]
Dann ward es still und stiller, nur leise haucht die Au,

Gleich Wollustthränen träufelt von Busch und Gras der Thau. –

„Nun laß mich aus zum Kampfe! Im Osten graut der Tag,
Mich lüstet sehr zu reiten in Stich und Stoß und Schlag.
Schon regt sich hinter’m Walde, mich dünkt, ein dumpfer Schall,

Das ist Rodmund der Kühne mit meinen Feinden all’.“


„Mein Herr, willst du schon gehen? Noch halt’ ich dich im Arm,
Noch ist mir Mund und Wange von deinen Küssen warm.
Nein, nein, ich laß dich nimmer! Was soll mir Licht und Tag?
Mein Bräutigam will reiten in Stich und Stoß und Schlag.“ –

„Herzlieb, mein Herz ist freudig! Was quält dich Angst und Schmerz?

Des Helden beste Brünne, das ist ein freudig Herz.

[194]

Nun schau’ mir in das Auge, und sagtest du nicht so?
Warst du nicht selbst, du Holde, so kühn und schlachtenfroh?“

„Das war in frühern Tagen, da ich Schildjungfrau war;

Nun ist mein Muth gebrochen, mein Arm der Kräfte baar.

Sonst zog ich mit zu Kampfe, jetzt bitt’ ich, Einz’ger, bleib’!
Das weiß ich noch alleine, daß ich dein schwaches Weib.“

„So bleibe du im Frieden! Mich stählt der Liebe Kraft,
Mein Aug’ ist frisch und helle und fest mein Lanzenschaft.

Schau’, Liebchen, wie im Osten ein güldner Streifen loht!

Leb’ wohl, als gutes Zeichen grüß’ ich das Morgenroth!“

„Und willst du wirklich gehen, und hält dich nichts zurück, –
So folgt dir in die Schwerter dein Leben und dein Glück.

[195]

So nanntest du mich gestern, – o könnt’ ich’s heute sein!

Ich hab’ nichts mehr auf Erden, als dich, mein Held, allein.“


Da zieht sie aus dem Schreine ihr Schwanenflügelpaar
Und drückt mit weißen Händen den güld’nen Helm in’s Haar,
Sie wiegt die wucht’ge Lanze und lächelt weh und hold
Und schwingt sich um den Nacken des zieren Schildes Gold.

„Wohl weiß ich, daß nicht Odin mein weiches Herz beseelt:

Nun mag die Liebe sühnen, was Liebe hat gefehlt!
Einst stählte er zum Kampfe der Jungfrau reinen Leib, –
Heut’ mag die Liebe stählen zum Kampf ein liebend Weib!“

Er schwingt sich in das Fenster, sie küßt ihn noch einmal,

Da schickt der Tag herüber den ersten Rosenstrahl, –
[196]

Sie ruhen Lipp’ an Lippe, es funkelt Helm und Schild,
Thauperlen rollen drüber und Thränen klar und mild.

„Schon regt sich’s im Palaste! Nun, Liebster, fort von hier!
Ich theile Kampf und Wunden und Schmerz und Tod mit dir.“

Das Roß scharrt wild im Sande, Herr Helgi löst den Zaum;

Schön Kara aber schwingt sich zum blauen Himmelsraum.

Wohl lastet Helm und Harnisch, wohl wird der Flug ihr schwer,
Sie läßt zur Erde fallen den erzbeschlagnen Speer:
„Glück deinem Schwert, o Helgi! Der Schild nur ziemt für mich.

Mitkämpfen kann ich nimmer, doch schirmen möcht’ ich dich!“ –


Die Sommervögel sangen im Walde allzumal,
Da sprengte König Helgi mit seinem Volk zu Thal.

[197]

Rings grünten Flur und Hügel in festlich goldnem Tag,
Ihm war’s, als sollt’ er reiten zu frohem Brautgelag.

Bergab in lichter Halde, da lag’s mit Zelten bunt,

Da lag mit Roß und Mannen der kühne Held Rodmund.
Nun dröhnet Schild und Panzer, es braust der Schlachtgesang,
Herr Helgi stimmt mit Jubel in all’ den wilden Klang:

„Wo bist du, süße Kara, du schwanenweiße Maid?

Dein denk’ ich alle Stunden, am liebsten doch im Streit!

Und röthen sich vom Blute die Blumen in der Rund’,
Dann denke ich der Küsse von deinem rothen Mund!

Und wenn sich Schild und Lanze in Feuerfunken bricht,
Dann denk’ ich an dein Lächeln, an deiner Augen Licht!

[198]
Ha, denk’ ich deines Leibes, dann werd’ ich wonnestark,

Dann schlag’ ich Todeshiebe, die dringen bis in’s Mark!“

Da bahnt sich weite Gasse Herr Helgi durch das Heer,
Wen einmal er getroffen, der hebt sich nimmermehr.
Die Feinde flieh’n mit Grausen vor seiner Augen Gluth,

Wildfreudig stürmt er fürder durch Leichen, Erz, und Blut.


Da ruft ihn vom Gewühle Rodmund in’s freie Feld:
„Hör’ auf, mein Volk zu morden! Hier wartet dein ein Held!“
„Hab’ Dank, dich sucht’ ich lange,“ rief Helgi freudig drein
Und sprengte auf den Helden sein wiehernd Kampfroß ein.

Da blitzt es scharf und blendend, da dröhnt’s wie Wetterkrach,

Schon färbt des Feindes Ringe ein lebenswarmer Bach.

[199]

Da springt Rodmund vom Rosse und läuft den König an
Und ringet aus dem Sattel ihn nieder auf den Plan.

Mit schmerzergrimmter Stärke er klammernd ihn umfieng,

Daß Helgi’s Kraft und Athem im Ringen fast vergieng. –

Da rauschte in den Lüften ein Schwanenflügelpaar,
Es flattern Kampfgewande und Locken sonnig klar.

„Ich hör’ dich, Schwanwalküre!“ rief Helgi freudenkühn,
Aufstemmt er sich gewaltig, und seine Schläfen glühn.

Er ringt sich aus den Armen des Feindes wild hervor,

Dann greift er nach dem Schwerte und zückt es hoch empor. –

Doch schon flog allzunahe die Schwanenmaid heran,
Mit ihrem Schild zu decken den herzgeliebten Mann.

[200]

Da lahmen ihr die Schwingen, vom Panzererz beschwert,

Und unaufhaltsam stürzt sie in sein erhobnes Schwert.


Sie sank mit leisem Stöhnen hinab auf’s grüne Land,
Herr Helgi schaut hinüber, – es starrt ihm Fuß und Hand, –
Vor seinen Augen flimmt es, er senkt das Schwert zu Thal,
Und schon fühlt er im Herzen des Feindes kühlen Stahl.
  

Da sank zur bleichen Buhle der bleiche Bräutigam,

Noch blickt’ er ihr in’s Antlitz, bis ihm der Blick verschwamm.
„Leb’ wohl, mein Weib, auf Erden! Treulieb, ich danke dir!
Du theiltest Kampf und Wunden und Schmerz und Tod mit mir!“ –

So liegen sie beisammen, vom heil’gen Tod vermählt,

Die Liebe hat gesühnet, was Liebe hat gefehlt.
[201]

Das ist ein friedlich Lächeln, das ihrem Mund umzieht;
Des Himmels Wolken glühen. – Das ist das Karalied.


  1. ? Helgi ok Sigrún er kallat at vaeri endrborin; hét hann thá Helgi Haddingjaskadhi, en hon Kára Hálfdanardottir,[WS 1] svá sem kvedhit er î Káruljódhum; ok var hon valkyrja. Edda Saem.[WS 2] – Es wird nach dem Nibelungenlied angenommen, daß die Walküre mit ihrem Magdthum ihre Kampfkraft verliert.
  1. ? Korrigierter Druckfehler: [S. 261] Hálfdanardottir statt Háefdanardóttir
  2. ? Altisländisch. Entstammt der Edda. Übersetzung von Karl Joseph Simrock: Von Helgi und Sigrun wird gesagt, daß sie wiedergeboren wären: Er hieß da Helgi Haddingia-Held; aber Sie Kara, Halfdans Tochter, so wie gesungen ist in den Kara-Liedern; und war sie Walküre. Siehe Edda/Ältere Edda/Helgakvidha Hundingsbana önnur.


Eingetragen am 08.11.2011 09:33:10 von 2rhyme
Autor: Wilhelm Hertz
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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