Das Archiv (Andere Gedichte)
Das Archiv. 1838. Aus den tief gewölbten Gründen Steigt zu Tage das Archiv, Wo es, voll geheimer Sünden, Viele hundert Jahre schlief.
Und der Graf, der zeucht, gebärdet Ängstlich sich mit seinem Schatz: Wandern soll er ungefährdet Aus dem lang belegnen Platz. Drum in siebenfaches Eisen
Schließt er sein Geheimnis ein, Und im Panzerhemde kreisen Sieben Söldner um den Schrein. Hinter ihm vergebens rasselt Viel Bedrückter fluchend Wort,
Schwer beladen, sicher prasselt Dicht umringt der Wagen fort.
Durch der Knechte starre Lanzen Dringt kein Räuber auf dem Pfad, Und den eisenfesten Schanzen
Kein verstohlner Dietrich naht. Sicher ist’s! so denkt mit Wonne Dicht zu Roß dabei der Graf. Da verfinstert sich die Sonne, Und der Wind erwacht vom Schlaf.
Lauft, ihr Knechte, jagt, ihr Rosse! Drunten winkt mein neues Haus! – Doch dem himmlischen Geschosse Weicht die Beute nicht mehr aus. Wolken wehen dicht zusammen,
Ferner Donner flucht herab, Endlich schickt ein Blitz die Flammen In das erzumschloßne Grab. Und wie Wachs schmilzt die Truhe, Drin es knistert, drin es brennt,
Und aus seiner Totenruhe Flackert auf das Pergament. Foltersprüche, Fluchprozesse, Henkerthaten, Sündenglück, Alles sprühet aus der Esse –
Und als Asche sinkt’s zurück.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:08 von 2rhyme
Autor: Gustav Schwab
Quelle: de.wikisource.org
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