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Gränzen der Menschheit (1789) (Andere Gedichte)

     Wenn der uralte,
Heilige Vater
Mit gelassener Hand
Aus rollenden Wolken

Segnende Blitze

Über die Erde sä’t,
Küß’ ich den letzten
Saum seines Kleides,
Kindliche Schauer

Treu in der Brust.


     Denn mit Göttern
Soll sich nicht messen
Irgend ein Mensch.
Hebt er sich aufwärts,

Und berührt

Mit dem Scheitel die Sterne,
Nirgends haften dann
Die unsichern Sohlen,
Und mit ihm spielen

Wolken und Winde.


     Steht er mit festen,
Markigen Knochen
Auf der wohlgegründeten,
Dauernden Erde;

Reicht er nicht auf,

Nur mit der Eiche
Oder der Rebe
Sich zu vergleichen.

     Was unterscheidet

Götter von Menschen?

Daß viele Wellen
Vor jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
Uns hebt die Welle,

Verschlingt die Welle,

Und wir versinken.

      Ein kleiner Ring
Begränzt unser Leben,
Und viele Geschlechter

Reihen sich dauernd

An ihres Daseyns
Unendliche Kette.



Eingetragen am 08.11.2011 09:34:01 von 2rhyme
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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