Das Stelldichein (Oelschläger) (Andere Gedichte)
Das Stelldichein. Von Hermann Oelschläger. Der Tag erlischt, der Tag verglüht Und sinkt in’s Reich der Träume; Der Sonne letzter Strahl versprüht Ueber dem Wipfel der Bäume.
Rings Fried’ und Ruh; kein Späher lauscht Zum Aerger mir und Leide, Nur dorten zwischen den Büschen rauscht Es wie von Sammt und Seide. Von Sammt und Seide! Und der Sand
Knirscht schon von sachten Tritten; Die schönsten Füßchen sind’s im Land, Die je den Weg hier schritten – So heimlich und verstohl’ner Weis’, Als hätt’ die Liebe Schwingen,
Und horch, schon klirrt das Gitter leis’, Und Schloß und Riegel springen. Und Herz an Herz und Mund an Mund – Was soll ich weiter sagen! Ihr wißt ja, wie zu solcher Stund’
Sich Wort und Küsse jagen, Wenn uns der Liebsten Lockenpracht Umwallt in duft’gen Ringen Und wenn ihr schönes Auge lacht Bei all den süßen Dingen.
Und was mein Herz durchloht, durchflammt, Ich sag’ es ihr zum Preise; Wie leuchtet aus dem dunklen Sammt Ihr Arm, der blüthenweiße! Wie gar so wonniglich versteht
Sie, Lieb’ um Lieb’ zu tauschen – – Hoch oben durch die Bäume geht Ein tiefgeheimes Rauschen. Der letzte Kuß! Da klirrt das Thor, Der Riegel fällt; kein Bitten
Hält ihn zurück und wie zuvor Lausch’ ich den lieben Schritten. Sie sind verhallt, die Seligkeit Verscheucht von Gram und Sorgen – Bis morgen, ach, wie lange Zeit,
Wie lange Zeit bis morgen!
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:11 von 2rhyme
Autor: Die Gartenlaube
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|