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Die Bäckerin von Winstein (Andere Gedichte)

Die Bäckerin von Winstein.


1.

Wie glänzt und glüht das alte Schloß
Vom hellen Morgenschein,
Im grün und weißen Maienkranz
Ein rother Edelstein.

Und oben, wo des Epheu’s Arm

Den Fenstersims umflicht,
Wie glänzt und glüht vom Morgenschein
Ein Mädchenangesicht!

Sie sitzt im sonn’gen Erkerraum

Und spinnt mit fleiß’ger Hand,

Und schaut mit klarem Aug’ hinaus
In’s klare Frühlingsland.

Des Hauses Herrin tritt herein.
„Was hast du, Mutter süß?

Was seufzest du am frühen Tag?“

„Ach, Kindchen, denk’ dir dies!

Nur noch bis heute Abend reicht
Der Vorrath Brod im Schrank,
Und die mit neuem uns versorgt,

Die treue Magd liegt krank!“


Das Fräulein lacht sie schelmisch an:
„O große Noth und Pein!
Und rechnest du denn gar für nichts
Dein großes Töchterlein?

Was sorgest du? Vermag ich nicht

Zu kneten flink den Teig?
Ich eile zu der Kammer hin
Und wirke Brod für euch!

Es soll dem Vater munden, denn

Ich back’s nach seinem Sinn,

Er lobt mir morgen ganz gewiß
Die kleine Bäckerin!“

2.

Dort wo der Eisenhammer dröhnt
In enger feuchter Schlucht,

Und sich die Schwarzbach im Gestein

Den Ausgang brausend sucht,

Dort zieht ein junger Reitersmann
Bergan auf schmuckem Thier,
Und schaut mit düstrem Aug’ hinein

In’s düstre Waldrevier.


Ei nun, wer senkt so trüb den Kopf
Zur gold’nen Frühlingszeit?
Im Lebensmai, im Monat Mai
Wer hegt da Herzeleid?

Herr Waldener, der junge Graf,

Geht einen sauren Gang:
Er sucht sich eine Braut in’s Haus!
Das macht das Herz ihm bang.

Vier Wochen sind’s, da sprach ihm zu

Der Mutter treuer Sinn:

„O Sohn! du siehst, mein graues Haupt
Neigt sich zum Grabe hin.

Laß einer jungen Herrin mich
Des Hauses Hut vertrau’n,

Laß des Geschlechtes Erben noch

Mein brechend Auge schau’n!“

Gehorsam zog der Sohn in’s Land,
Rheinwärts, Vogesenwärts,
Sah sich der Heimath Töchter an,

Doch Keiner schlug sein Herz.


Nun steht er vor dem letzten Ort,
Den Mutterherz empfahl,
Und seufzt: „Ach wäre ich schon fort,
S’wird sein wie überall:

Sie sitzen kalt und vornehm da,

Steif in dem steifen Kleid,
Parliren welsch und treiben Scherz
Mit meiner Blödigkeit!

Viel lieber bleib’ ich was ich bin,

Als solch ein Dämlein frei’n.

Doch kehr ich ohne Aussicht heim,
Welch Schmerz für Mütterlein!“

3.

Wie still und friedlich liegt die Burg,
Im Schooß des Maienflor!

Kein Wächter ruft vom hohen Thurm,

Kein Gitter sperrt das Thor.

Im Garten grast ein zahmes Reh,
Am Zwinger rankt der Wein,
Und wo einst Büchsen drohten, winkt

Ein Topf mit Rosmarein!


Der Jüngling reitet in den Hof,
Er bindet an sein Pferd,
Die felsgehaune Stufe hallt,
„Ei, daß mich Niemand hört!“

Nun steht er vor dem Eingang, pocht,

Doch offen ist die Thür.
Er tritt hinein und lauscht und forscht:
„Ist denn kein Diener hier?“

Da trifft ein ferner Schall sein Ohr.

Horch! ’s ist ein lauter Sang!

Er folgt dem glockenhellen Ton
Den dunkeln Gang entlang.

Er kommt an eine Kammerthür,
Er denkt: „Wag ich den Blick?

Wohl! ’s wird der Mägde eine sein!“

Er schaut, – und staunt zurück.

Vor mehlbestaubter Mulde steht
Geschäftig und allein,
Dem niedern Fenster zugewandt.

Ein Mädchen schlank und fein.


Bald senkt sie in den flüss’gen Stoff.
Zwei Arme, schwanengleich,
Bald beugt sie kräftig sich zurück,
Und wuchtig fällt der Teig.

Und wie sie so sich bückt und sich

Erhebt in ems’ger Lust,
Entströmt zum Takt der fleiß’gen Hand
Ein heitres Lied der Brust.

„Wer mag das Mädchen sein, das hier

So wohlgemuth sich plagt?

Die Haltung zeigt die Herrin an,
Der niedre Dienst die Magd...“

Da plötzlich schaut die Bäckerin
Erschrocken nach der Thür,

Und der ertappte Lauscher tritt

Beschämt, bestürzt herfür.

„Ihr seid es, Junker!“ ruft die Maid
Und lächelt ärgerlich,
„Wie kommt Ihr her und überrascht

Bei solcher Arbeit mich?“


Der Jüngling neigt sich tief und spricht:
(Was gab ihm wohl den Muth?)
„Verzeiht, daß ich Euch zugeschaut,
Doch – mir gefiel’s so gut!

Ich hab Euch, Fräulein, oft gesehn

Bei Spiel und Festlichkeit,
Ich sah Euch schön im goldnen Schmuck,
Doch nie so schön als heut.

Schau ich auf Eurer holden Stirn

Des Fleißes Perlen stehn,

Mich dünkt – auch meine Mutter würd’s
Mit Wohlgefallen sehn...“

Was er noch weiter zu ihr sprach,
Wer hat davon Bericht?

Was sie ihm drauf zur Antwort gab,

Erzählt die Sage nicht.

Doch als zuletzt der junge Held
Heraustrat auf den Gang,
Und leichten Fußes, leichten Sinns,

Die Trepp hinauf sich schwang,


War seine Rechte mehlbestaubt,
O köstlicher Gewinn!
O Liebessiegel, aufgedrückt
Von Fräulein Bäckerin!



Eingetragen am 08.11.2011 09:33:28 von 2rhyme
Autor: Volksblatt. Eine Wochenzeitschrift mit Bildern. Jahrgang 1878
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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