Am Grabe meiner Mutter (Andere Gedichte)
Am Grabe meiner Mutter. Als du dem Lichte mich gegeben, Umfieng dich selbst die ew’ge Nacht; Doch tief in meinem eig’nen Leben Empfind’ ich deiner Liebe Macht.
Wie aus des Keims verwesten Spalten Ein Schößling treibt mit grünem Laub, So steh’ ich mächtig festgehalten, O Mutter, über deinem Staub! Nie hat mir deines Auges Schimmer
Der Kindheit Dämmerung erhellt, Und fremd und todt blieb mir für immer, Was mir das Nächste auf der Welt. Nie hat mich klar auf dunkeln Wegen Dein jugendschönes Bild umschwebt,
Doch deines Opfertodes Segen, Das Schöne ist’s, das in mir lebt. Ein tödtlich Glück, ein sel’ges Schmerzen, Das einst das Herz der Mutter brach, Verklärt wirkt’s in des Sohnes Herzen
Als Weihekraft der Dichtung nach. Als du dem Lichte mich gegeben, Umfieng dich selbst die ew’ge Nacht; Doch tief in meinem eig’nen Leben Empfind’ ich deiner Liebe Macht.
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:58 von 2rhyme
Autor: Wilhelm Hertz
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|