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Entsagung (Streckfuß) (Andere Gedichte)

Ein dichter Nebel schwamm auf meinen Loosen,
Die Zukunft hüllten düstre Wolken ein.
Ich hörte schon des Lebens Stürme tosen,
Und sahe rings umher Gefahren dräun.

Mit schwachem Kahn auf wildempörten Wogen,

Geschleudert von der grimmen Winde Wuth,
War mir der heimatliche Strand entflogen,
Und rings umschäumte feindlich mich die Fluth.

     Kein Stern erschien die irre Fahrt zu leiten,

Und düstre Nacht umhüllte meinen Blick,

Versinken galt es, oder muthig streiten;
Nur Muth, sprach ich, besieget das Geschick.
Komm denn, o Schicksal, ich will mit dir kämpfen!
Nicht ängstlich stockt bey deinem Zorn mein Blut;

Mir gab Natur um deinen Stolz zu dämpfen,

Der Sehnen Kraft, des Herzen frohen Muth.

     Die Welt ist groß, in ihren weiten Räumen
Blüht überall der Freude Ros’ empor.
Die holden Blumen, Lieb’ und Freundschaft keimen

Selbst aus des Felsen hartem Schooß hervor.

Oft wenn am öden freudenlosen Strande
Die letzte Hoffnung treulos mich verließ,
Schuf ja allmächtig sich im dürren Sande
Das reiche Herz ein holdes Paradies.

     So dacht’ ich sonst, und schaute frohen Blickes,

Und stolz und kühn auf meine Zukunft hin,
In mir fand ich die Quelle meines Glückes,
In mir des Lebens köstlichsten Gewinn.
Der Frohsinn war mein lächelnder Begleiter,

Komm, sprach er, komm, ich führe dich zur Ruh —

Und freudig glaubt’ ich ihm, und strebte weiter
Voll Muth und Kraft dem schönen Ziele zu.

     Doch ach! in düstre Traurigkeit versunken,
Flieht irr und scheu mein Auge jetzt umher,

Verloschen ist des Muthes letzter Funken,

Die stolze Kraft füllt nicht den Busen mehr.
Ich weiß es, was der Zukunft Schleyer decken,
Ich kenne nun das Loos, das meiner harrt,
Und grausam drohende Gestalten schrecken

Mich im Genuß der schönsten Gegenwart.


     Du bist allein das Ziel von meinem Streben,
Dich will ich nur im ganzen weiten All,
Und ohne dich kann nichts mir Freude geben,
Ist Glück und Lust mir nur ein leerer Schall.

Schnell muß sein Haupt der junge Frühling beugen,

Wo du nicht bist — der bunten Wiesen Pracht
Erbleicht, und alle Lebenslaute schweigen —
Der goldne Tag verglüht in dumpfer Nacht.

      Ich liebte dich — da stieg ein schöner Morgen

An meinem Himmel jugendlich empor,

Die seel’ge Kraft, in meiner Brust verborgen,
Brach schnell entzündet, wunderbar hervor.
Kommt her, o Welten, rief ich mit Entzücken,
Des innern Reichthums plötzlich mir bewußt,

Kommt her, o Welten, ich will euch beglücken,

Für alle quillt die Freud’ in meiner Brust.

     So sah ich mich in deiner Blicke Spiegel,
So fühlt’ ich mich bey deinem warmen Kuß,
So hob mein Geist empor die leichten Flügel,

Vergaß sich selbst im göttlichen Genuß.

Mich hatten seel’ge Himmel aufgenommen,
Der Erdensorgen letzter Schatten wich,
Und wunderbar vor hoher Lust beklommen,
Wer, rief ich, wer ist glücklicher als ich.

     Sie kennet mich, sie hat mich ganz ergründet,

Sie weiß es, was in meinem Innern lebt,
In meinem Blick in meiner Rede findet
Sie, was das Herz zu sagen sich bestrebt.
Ein Blick, ein Wort, ein Händedruck genüget,

Ein Seufzer, der der Brust sich halb entwand —

Ihr Lächeln, das die Lippen leicht umflieget,
Es sagt mir deutlich, daß sie mich verstand.

     So hatt’ ich mich im Wonnerausch verloren,
So gaukelt’ um mich Liebe Lust und Scherz,

Doch aus der Freude sanftem Schooß geboren,

Tobt nun in mir mit wilder Kraft der Schmerz.
Ich habe nur den Weg zum Licht gefunden,
Um zu versinken in die ew’ge Nacht;
Der Arm des Glückes hat mich nur umwunden,

Mich auszuliefern in des Leidens Macht.


     Kaum hatt’ ich dir der Liebe zartes Sehnen,
Das liebliche Geheimniß kaum vertraut,
Kaum hattest du mit schüchtern leisen Tönen
Erröthend mir ins Angesicht geschaut,

Kaum schmolz, bey deines ersten Kusses Wonnen,

In Harmonie mein ganzes Wesen hin,
So war auch meine Seeligkeit zerronnen,
Verwelkt die Blume vor der Furcht Beginn.

     Denn schrecklich naht in meiner Freuden Mitte

Mir eine düster drohende Gestalt,

Fort, zürnt sie, fort, beflügle deine Schritte,
Du mußt sie fliehn, die Scheidestunde schallt —
Nicht hoffe, sie hienieden mehr zu sehen,
Auf ewig trennt euch meine strenge Hand,

Du sollst allein, verwaist durch’s Leben gehen,

Sie wieder finden erst an Lethe’s Strand. [1]

     So ist, Geliebte, nun mein Loos entschieden,
Verloschen ist der Hoffnung goldnes Licht,
Und keine Freude lacht mir mehr hienieden,

Kein Stern erscheint, der meine Nacht durchbricht.

Entfernt von dir, zernagt von düsterm Harme
Führt mich durch Dornen meiner Zukunft Pfad,
Bis tröstend einst mit offnem Freundesarme,
Der Tod sich mir, ein holder Retter naht.

     Dort, wo ein ängstlich quälendes Verlangen

Nie mehr der Freude zarte Blume beugt,
Wo von dem Arm der Ruhe sanft umfangen,
Die Leidenschaft im seel’gen Busen schweigt,
Dort, wo genährt Ton ungetrübtem Glücke,

Der Liebe Gluth im reinen Herzen brennt,

Wo nicht mehr grausam waltend das Geschicke,
Die Liebenden mit bitterm Hohne trennt;

     Dort komm’ ich einst vollendet dir entgegen —
Du kennest mich, du eilst mir freudig zu,

Und Hand in Hand, auf sanft gebahnten Wegen,

Durchwandeln wir das stille Land der Ruh;
Im Vollgenuß unwandelbarer Freuden,
Von allen Erdenlasten los und frey,
Fliegt dann noch einmal vor der Erde Leiden

Der reine Sinn, der heitre Blick vorbey.


      So lebe wohl denn — Weit von dir vertrieben,
Bleibt ewig mir dein theures Bild zurück.
Ich schwör’ es dir, ich will dich ewig lieben,
Und dieß sey fortan mein Beruf, mein Glück.

Der Liebe Schatz soll keine Zeit mir rauben,

Wohin mich auch des Lebens Welle trägt,
Und ewig halt’ ich an dem süßen Glauben,
Daß fühlend auch für mich dein Busen schlägt.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. ? Lethe ist laut der griechischen Mythologie einer der Flüße in der Unterwelt. — Bei dieser Strophe sollte die große Ähnlichkeit zu Dante Alighieris Göttlicher Komödie beachtet werden, die Streckfuß 1824–1826 übersetzte. Dante verlor seine große Liebe Beatrice Portinari und trifft sie erst nach einer Wanderung durch die Hölle und das Purgatorium an den Ufern des Lethe wieder (vgl. Divina Commedia, Purg., Canto XXX ff).


Eingetragen am 08.11.2011 09:33:52 von 2rhyme
Autor: Carl Streckfuß
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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