An Selmar I. (Andere Gedichte)
An Selmar. Ha! dieser süße Aufruhr aller Sinnen, Dieß Drängen, Streben, Schmachten und Zerrinnen In heissen Thränen, die die Liebe weinet So uns vereinet,
Sie läßt uns nie der Ruhe Glück genießen, Bis Herz an Herz sich wonnevoll wird schließen, Und dieses Busens ungestümes Schlagen Dir mehr wird sagen Als tausend Worte dir bezeichnen können –
Wer kann das Unaussprechliche benennen? – Vergebens streb’ ich, Holder! dies Entzücken Dir auszudrücken. Im Flammenkuß, den der Geliebte küsset, Den Aug’ und Herz, ach! überall vermisset,
Und von dem Arm des Einzigen umwunden, Wird sie gefunden – Die längst verlohr’ne und von uns ersehnte, Als ich noch Selmar nicht zu lieben wähnte, Und doch im süßen Wahnsinn ganz versunken
Ward Liebe trunken. Wie strebt’ ich da im Geist dich zu umfangen, Am Gaumen stockte dieses Sprechverlangen, Ich fühlte mich, in dir so ganz verlohren, Wie neu gebohren.
Wann schlagen sie die lang ersehnten Stunden, Die seligsten der zögernden Sekunden! Wo ich dich, Selmar, trunken von Entzücken, Ans Herz kann drücken? Dann mag die Welt vor meinen Augen schwinden,
Ich werde Welt und Himmel in dir finden, Im langen Kuß, den diese Lippen geben Mit Wonnebeben. Und würde mir der Todesengel winken, Ich müßte noch den Kelch der Liebe trinken,
Durch ihn gestärkt, fühlt’ ich ein neues Leben Den Busen heben. Ein Himmelreich scheint mir die ganze Erde, Und federleicht die drückendste Beschwerde, Seit dem die Glut, die unsre Herzen nähret,
Die Welt verkläret. O, komm Geliebter! den ein Gott mir wählte, Der unsre Seelen ewig treu vermählte: Komm! und vergiß an Selma’s treuem Herzen, Der Unruh Schmerzen.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:01 von 2rhyme
Autor: Susanne von Bandemer
Quelle: de.wikisource.org
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