Der verlorene Ring (Knapp) (Andere Gedichte)
Der verlorene Ring. (cc. 1090.) Die Herzogin Agnes mit ihrem Gemahl Ritt jagend im tiefen, umwaldeten Thal; Auf sprangen die Hirsche, die Rehe, die Hasen Bei schmetternder Hörner vergnüglichem Blasen.
Kurz waren die Beiden vom Kaiser vermählt, Schon vorhin gar innig von Liebe beseelt; Und wenn sie nun sprengten voran und zurücke, So suchten einander die traulichen Blicke. Spät ritten sie heim auf das thürmende Schloß,
Das Abendroth herrlich den Himmel umgoß; Sie hatten genossen das liebliche Leben, Von Jugend erfüllet, von Hoheit umgeben. – Da blickte die Fürstin ihr Fingerlein an – O wehe, was hat ihr der Unstern gethan! – –
Sie weinet, sie schreit zu des Ehgemals Ohren: „O Friedrich, mein Ehring! – ich hab’ ihn verloren!“ – „Verlier’ ich dich auch, o Geliebter, wie mir „Das Kleinod entfallen im Waldesrevier? „Wie schauerlich ist mir solch dunkeles Zeichen, –
„Das deutet auf Scheiden, auf Gräber und Leichen!“ – „O weh mir, dem armen verbanneten Kind, „Wenn ich nicht hinwieder mein Ringelein find’! „Ach dürft’ ich’s, ach dürft’ ich’s zum Wunder erschauen, „Wie wollt’ ich dem Höchsten ein Dankmal erbauen!“ –
Der Herzog, er tröstet und herzt sein Gemahl, Doch lös’t er nicht ihre Befürchtung und Qual; Sie trauret gleich einem verbanneten Kinde, Bis daß sie den Trauring, den heiligen, finde! – Zwölf Monate schwanden; geduldig und still
Zieht Friedrich umher, wo Frau Agnes nur will; Durchs dichteste Dickicht er reitet und spähet, Und immer die Gattin noch klaget und flehet. – Da hat doch zuletzt noch die Liebe gesiegt! – „O Friederich, siehe, was schimmernd dort liegt! –
„O Friedrich, mein Ring! – nun bist wieder du meine, „Nun bin ich ohn’ Aengsten auch wieder die Deine!“ – „Und wie mich der Höchste getröstet jetzund, „So bau’ ich auf diesem bewaldeten Grund „Ein Gotteshaus für die Gemeinde mit Freuden,
„Da soll man Ihm danken für Freuden und Leiden!“ – Sie baute die Kirche; die steht noch zur Zeit, Dem heil’gen Apostel Johannes geweiht; Und Gmünd ist erblüht, wo der Ring war verloren, Die Staufenstadt, lieblich mit Thürmen und Thoren.
Der goldene Ring, der verloren im Wald, Zog freudige Männer zur Arbeit so bald; Die Kaiser bestelleten hier ihre Prachten, Weil immer des Walds und des Ringes sie dachten Noch blühet die Stadt nach der staufischen Wahl;
Noch wirkt sie in Gold und in Perlen zumal; Doch seit die gewaltigen Herrscher gestorben, Ist drunten in Gmünd auch manch Goldschmied verdorben. – So haltet Euch fröhlich zu Dem, der da spricht: „Ich biet’ Euch ein Gold, das entschwindet Euch nicht!“ –
Erfleht Euch, wenn Kaiser-Bestellung verstoben, Sein Gold, das im Feuer durchläutert, von oben! –
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:24 von 2rhyme
Autor: Albert Knapp
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