Herbstschauer (Andere Gedichte)
Herbstschauer
- 1.
Ueber dem südlichen Höhenzuge Leuchtet schon der erste Schnee; Schwäne rauschen mit mächtigem Fluge Ueber den neblig dämmernden See.
Wie mir bangt vor den kommenden Tagen! Ach, was hilft uns inneren Streit Und die lastende Sorge tragen In der traurigen Winterszeit? Was versöhnt uns, hilft uns verzeihen,
Was belebt uns den sinkenden Muth, Wenn nun der Wald und die Luft im Freien, Alles in Todesschlummer ruht?
- 2.
Wie oft ein Freudestrahl in banger Und schwerer Zeit ihr Grau'n durchbricht,
Flammt durch Gewölk, vom Regen schwanger, Ein mächtig Abendlicht. Es scheinen Blitze drin zu sprühen; Ein Regenbogen schimmert hold, Und Blumen scheinen aufzublühen
In Roth und Strahlengold. In diesem Licht, o schöne Sage, Glüh'n wie auf einem Scheiterhauf' Des hingeschiednen Sommers Tage In Todesflammen auf.
Verlangen, Hoffen, ausgesponnen Zu süßen Stunden - Flor Von tausend Freuden, tausend Wonnen, Flamm' noch einmal empor!
- 3.
Durch welkes Laub im dunklen Forste
Streift Wild, das noch der Jagd entrann; Um Wipfel und verlass'ne Horste Krächzt noch ein Rabe dann und wann. Betraure, wen es rührt, dies Sterben Dies Klagelied in Feld und Flur -
Für mich bringt's nach so manchem Herben Erweckung und Erhebung nur. Ergieb dich nicht, sagt' dies Ermatten, Und aus den Blätten rauscht es laut: Das düstre Weh'n, die tiefen Schatten
Sind deinem Herzen längst vertraut. Hermann Lingg.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:03 von 2rhyme
Autor: Hermann Lingg
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