Der Kranke (Hauff) (Andere Gedichte)
Der Kranke. Blaubeuren 1820. Zitternd auf der Berge Säume Fällt der Sonne letzter Strahl, Eingewiegt in düstre Träume Blickt der Kranke in das Thal.
Sieht der Wolken schnelles Jagen Durch das trübe Dämmerlicht – Ach, des Busens stille Klagen Tragen ihn zur Heimat nicht! Und mit glänzendem Gefieder
Zog die Schwalbe durch die Luft, Nach der Heimat zog sie wieder, Wo ein milder Himmel ruft; Und er hört ihr fröhlich Singen, Sehnsucht füllt des Armen Blick,
Ach! er sah sie auf sich schwingen, Und sein Kummer bleibt zurück. Schöner Fluß mit blauem Spiegel, Hörst du seine Klagen nicht? Sag es seiner Heimat Hügel,
Daß des Kranken Busen bricht. Aber kalt rauscht er vom Strande Und entrollt ins stille Thal, Schweiget in der Heimat Lande Von des Kranken stiller Qual.
Und der Arme stützt die Hände An das müde, trübe Haupt; Eins ist noch, wohin sich wende Der, dem aller Trost geraubt; Schlägt das blaue Auge wieder
Mutig auf zum Horizont, Immer stieg ja Trost hernieder Dorther, wo die Liebe wohnt. Und es netzt die blassen Wangen Heil’ger Sehnsucht stiller Quell,
Und es schweigt das Erdverlangen, Und das Auge wird ihm hell: Nach der ew’gen Heimat Lande Strebt sein Sehnen kühn hinauf; Sehnsucht sprengt der Erde Bande,
Psyche schwingt zum Licht sich auf.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:16 von 2rhyme
Autor: Wilhelm Hauff
Quelle: de.wikisource.org
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