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Griechenlands Hoffnung (Andere Gedichte)


5.

Griechenlands Hoffnung.

1827.

Es ging das Jahr in mattem Schlummer
Verachtet seinem Ende zu,
Im Osten wühlt der alte Kummer,
Und um uns her ist Grabesruh’;

Das Licht der Wahrheit – mag’s ersterben!

Das Volk der Freiheit – mag’s verderben!

Geht, hoffet noch auf Wunderwerke,
Und glaubt, daß euer rost’ger Stahl,
Hineingesandt, die Schwachen stärke,

Zu trotzen Feinden ohne Zahl!

Geht, reicht den Weibern, Kindern, Greisen,
Fünf Gerstenbrode, sie zu speisen!

So sprach der Zweifel, hohen Hauptes
Ging er durch unsre Straßen hin;

Den Geiz erfreut’s, die Schwäche glaubt es,

Der kalten Bosheit däucht’s Gewinn:
Jetzt ist die letzte Glut verglommen,
Ja, bleiern wird die Nacht jetzt kommen!

Und anderwärts hebt schon die Schande,

Die Thorheit schon ihr Bammer dreist: –

Da regt sich an Europens Rande

Der niebezwungne, freie Geist;

Im Land, um das die Fluthen wallen,
Läßt Ein Mann seine Stimme schallen.

Wer heftet nicht auf Ihn die Blicke,

Von dessen Mund die Rede weht,
Daß durch die langsamen Geschicke
Der Zeit ein Fieberschauer geht,
Und daß von seinem Wink erschüttert

Der dumpfe, ferne Süden zittert!


Zwar gilt es nicht dem armen Volke,
Das schmachtend nach dem Retter blickt,
Auf das die steh’nde Wetterwolke
Vertilgungsstrahlen niederschickt:

Doch darf das eine Leid schon hoffen,

Wenn and’rem Leid ein Ohr steht offen.

O die ihr Worte habt wie Schwerter,
Beschwingte Schiffe, Waffen, Gold:
Dort drängt die Wuth, die Noth noch härter,

Als wo der Mönch die Fahn’ entrollt;

Dort, wo das Sichelschwert seit Jahren
Wild durch die fremde Saat gefahren.

Die Saat des Korns, die Saat der Helden,
Der Mütter und der Kinder Saat!

In Haufen liegen sie und melden,

Was dort der Schnitter niedertrat!
Dort helft, dort stellt euch an die Spitze,
Dort schleudert rettend eure Blitze.

Ihr aber, ihr in allen Landen,
Die noch erweichet andrer Noth,

Auf, laßt uns rütteln an den Banden,
Auf, theilet euren Bissen Brod;
Daß hier und dort ein Arm, der bebet,
Erstarkt zum Kampfe neu sich hebet.

Die Zeit blickt uns mit Hoffnungsaugen

Tiefsinnig funkelnd, fragend, an;
Jetzt will sie Herzen, welche taugen,
Jetzt rüst’ge Wandler ihrer Bahn.
Drum nicht mehr lau, nicht mehr verzaget;

Laßt wirken uns, so lang es taget!

Eingetragen am 08.11.2011 09:34:01 von 2rhyme
Autor: Gustav Schwab
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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