Die Verheissung (Andere Gedichte)
Die Verheißung. Dich fand ich oft, wenn längst die Abendröthe Im Hain entschlief, Und dich der sanfte Klang von meiner Flöte Mit Sehnsucht rief.
Hier stand ich, wenn ich dein Gewand erspähte, Im Göttertraum; Dort kamst du her! dein weißer Schleier wehte Um jenen Baum, Wie in des Frühlings Hauch die Kirschenblüthe
Durch Gärten spielt, So kamst du her! wie meine Wange glühte, Hast du gefühlt. Und wenn das Morgenroth in grauer Ferne Zu früh erschien,
Dann sprachst du: »sieh das bleiche Licht der Sterne! O laß mich fliehn. Sieh’! Auferstehung! wenn bei jenen Steinen Das hohe Gras Mein Grab umweht, dann will ich dir erscheinen,
Wie Lilien blaß. In deinem Kämmerlein, am Blumenraine Erblickst du mich; In jedem Duft, in diesem Lieblingshaine Umschweb’ ich dich.
Bei diesen Bäumen wirst du Lieder hören! Mein Schatten bringt Sie dir aus Eden, wo mit Engelchören Er Lieder singt.« Dort blüht dein Grab, dort glänzt die Marmorsäule
Im Mondenschein; O komme nun Geliebte! sieh’ ich weile Am Grab’ allein. Ich fühle dich im Duft, im Blüthenregen, Im kleinsten Laut,
Und dieses Herz, es klopft mit starken Schlägen Dir angetraut. Wenn ich dereinst mit Engeln Lieder singe, Den höchsten Ton Im Lied auf Gott, der Bilder schönstes bringe
Ich dir zum Lohn; WOLTMANN.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:43 von 2rhyme
Autor: Karl Ludwig von Woltmann
Quelle: de.wikisource.org
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