’S ist Mitternacht. Die Straße liegt
So öd’ im Mondenschein;
Mit geht ein leiser Schauer
Verstohlen durch’s Gebein.
Er schlurgt vorbei und keucht und fegt
Die Schwellen von Haus zu Haus;
Aus jedem trägt man morgen
Den schwarzen Sarg heraus.
Er fegt, als gält’s ein Freudenfest;
Doch wo er fegt, da war die Pest,
Er folgt ihr auf dem Fuße.
Einst bannt’ er sie mit Satans Macht,
Bis er zur Hölle fuhr.
Und muß zum Hohne tilgen
Nun ihres Fußtritts Spur.
Gar rasch ist ihr verhüllter Gang,
Er keucht die hohen Häuser entlang.
Wie liegen die Schläfer so stille!
Mir wird’s im Herzen todtenkühl;
Es reget sich kein Hauch.
War wohl bei meinen Lieben
Der graue Mahner auch? –
Fern hallt noch des Gespenstes Tritt. –
Weh’ mir! Wie lenk’ ich meinen Schritt
Durch diese Stadt der Todten?
Eingetragen am
08.11.2011 09:33:14 von
2rhyme
Autor:
Wilhelm Hertz
Quelle:
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