Novemberstürme (Andere Gedichte)
Und ob am Himmel schwarz und schwer Auch Wolke sich auf Wolke thürme, Ihr jagt sie fliehend vor euch her, Gewaltige Novemberstürme;
Oft wurdet ihr uns schon zu Rettern, Habt rein die Luft und klar gefegt, Mit rauhem Stoß und wilden: Schmettern Die Welt im tiefsten Grund bewegt – Das ist so recht das deutsche Wettern!
Wie fuhr doch der Novembersohn Hin über die scheinheil’gen Glatzen, Wie überklang mit hellem Ton Lebend’ges Wort das todte Schwatzen! Des Glaubens und des Geistes Henkern
Blies er die Scheiterhaufen aus, Zur Abwehr den Gewissenslenkern Stellt’ er vor seines Gottes Haus Ein streitbar Heer von frommen Denkern. Verscheucht hat er den finstern Fluch,
Der Wahrheit Kerker aufgeriegelt, Mit treuer Hand der Bücher Buch Für jeden klaren Blick entsiegelt; So streute aller Zukunft Samen Der Luther aus, ein deutscher Mann,
Und wer da steht in seinem Namen, Und Jedem, der nicht anders kann, Dem hilft auch Gott noch immer. Amen! Auch er war ein Novemberkind, Der donnernd braus’t durch alle Weiten,
Und wiederum so weich und lind Hinstirbt wie Spiel auf Harfensaiten, Das Herz reißt er mit sich von dannen, Doch nicht in Träume wiegt sein Sang, Zur That will er die Sehnen spannen,
Und wild erscholl sein erster Klang, Ein Aufschrei wider die Tyrannen. Um unser Schwert hat Schiller’s Lied Den immergrünen Kranz geflochten, Der Dichter selbst in Reih’ und Glied
Der Menschheit Schlachten, mitgefochten; Vorahnend sah er uns’re Schande, Schlug Lärm inmitten träger Ruh’, Den Schürern an der Zwietracht Brande Rief er: „Seid einig, einig!“ zu –
Hört diesen Ruf, ihr deutschen Lande! Und schlimmer kam’s, als es gedroht, Und unser Schicksal schien vollendet, Da hat den Helfer in der Noth Uns der November noch gesendet;
Die Macht der Fürsten lag bezwungen, Und was dem Troß um ihren Thron, Den Herr’n und Junkern nicht gelungen, Wie herrlich ist’s, trotz Spott und Hohn, Geglückt dem deutschen Bauerjungen!
Er sprach: „es kann kein Söldnerheer, Nicht Knechtessinn die Freiheit schaffen, Des Thrones und des Landes Wehr’ Ist ewig nur das Volk in Waffen!“ Da hat den Sieg er ausgesprochen,
Und nimmer läßt, so tönt es fort, Ein wehrhaft Volk sich unterjochen! Es hat des Scharnhorst stolzes Wort Nicht blos das fremde Joch zerbrochen. Mein deutsches Volk, stets eins und frei
Im Glauben, Dichten und im Fechten, Trotz biete jeder Tyrannei, Du Hort des Wahren und des Rechten! Dem finster schleichenden Gewürme Ist wohlig in der Nacht allein.
Ob Wolke sich auf Wolke thürme, Ihr fegt uns doch den Himmel rein, Gewaltige Novemberstürme! Albert Traeger.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:38 von 2rhyme
Autor: Albert Traeger
Quelle: de.wikisource.org
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