Ton der Leyer (Andere Gedichte)
Ton der Leyer. Warum entschweben selten mir die Töne Der jugendlichen blütengleichen Lust? Gabst du vielleicht, o himmlische Comoene, Der Leiden sanften Ton nur meiner Brust?
Wenn stille Thränen sich im Auge bilden, Und süsse Wemut meine Seele füllt, O dann begleiten Lieder oft den milden Erguß, der meinen dunkeln Blick umhüllt! Nur zu des Herzens still gefühlter Feier,
Nur für den hohen geistigern Genuß, Stimmt Einsamkeit mir meine sanfte Leyer, Und adelt der Empfindungen Erguß! Wenn dann die Dämmrung schaurig sich ergießet, Nur noch auf Felsenkronen Purpur glüht,
Erwacht der innre Sinn; das Auge schließet Sich vor der Gegenwart, das Zukunft sieht. Dann schwebt in hohen ungemessnen Weiten Des Aetherraums der kühn entflohne Geist! Sieht Welten wandeln, Monde sie begleiten;
Fühlt Wonne, die Unsterblichkeit verheißt. Bis Psyche, ach! vom hohen Fluge trunken, Sich sinkend, matt, der Erde nahe fühlt, Und der verhüllte göttlich reine Funken Im Schooß der Gegenwart sein Feuer kühlt!
Eingetragen am 08.11.2011 09:35:09 von 2rhyme
Autor: Friederike Brun
Quelle: de.wikisource.org
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