An einem leisen Bach (Andere Gedichte)
An einem leisen Bach. An einem leisen Bach auf grünem Stein Lag abendstill ein Sonnenschein, Wohl größer kaum als eines Menschen Angesicht, Jedoch ein heimlich-wunderbares Licht.
Ich kniete still ins Laub, und dieses Leuchten sprach Von einer sanften Frau, die einst des Kranken pflegte, Vom Zweige über mir die schönste Blüte brach Und lächelnd mir aufs weiße Kissen legte … In ferner Frühe war’s, ein Kindheitstag,
Da unter Bäumen ich gebettet lag … Wo bliebst du, holde Frau? Nie fand ich deine Spur. Du warst ein tiefes Glück, drum kamst du einmal nur. Nur einmal – fröstelnd schreck’ ich auf und seh mich um – Mein redend Licht erlosch. Die Welt ist stumm. –
Und sehnend sucht’ ich heut’ den alten Stein – Auf Moos und Welle glomm ein toter Sonnenschein. Nie kehrt der Glanz von gestern mir zurück, Das weiß ich wohl. Er war ein Menschenglück.
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:59 von 2rhyme
Autor: Otto Ernst
Quelle: de.wikisource.org
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