Lied auf dem Rigiberg gesungen (Andere Gedichte)
Lied auf dem Rigiberg[1] gesungen. O süße Ruh im Tannenwalde Fern ob dem See, An Rigiberges grüner Halde Auf luft’ger Höh!
O weiße Berg’ in Aetherbläue! Du dunkle Fluth, Wo tief der Häupter hohe Reihe Im Abbild ruht! In schimmernd grünen Alpenwiesen
Ein Sorgenfrey – Liegt hier im Schirm des Felsenriesen Die Sennerey. Der Rinder Glocke tönt von Weiten Im Wiesenplan –
Es schallt des Kirchleins Feyerläuten Den Berg hinan. Die bunte Ziegenheerde klettert Im Felsgeklüft; Des rauhen Hifthorns Ton durchschmettert
Das Ferngedüft. Es spielt des Felsborns muntres Rieseln Am Hüttchen hin, Es wölbt sich über Moos und Kieseln Ein Baldachin.
O kühle Stäte, Schattendüfte Im Fichtengrün! Wo frische, rege Sommerlüfte Den Hain durchziehn! Hier fließt mein Blut in sanftern Wellen
Dem Herzen zu! Hier strömt aus tausend offnen Quellen Mir Seelenruh! Hier wo des Schreckhorns[2] kalte Stirne Die Ros’ umschwebt!
Und um des Glärnisch[3] hohe Firne Ein Goldduft bebt! Wo hoch in blauen Finsternissen Von Nacht umgraut, Tief in zerborstner Felsen Rissen
Der Adler baut! In jenes Berggeländes Falte Der Nebel weilt, Bis des Geklippes scharfe Spalte Den Dunst zertheilt! Wo stolz in eigner Felsen Schatten Pilatus[4] starrt, Der nur mit blasser Alpen Matten Gegürtet ward! Wo hinter seinen Klippenzinken
So kühn als frey, Des Entlibuchers[5] Schwerdter blinken Dem Bunde treu! Horch wie des Bergstroms wildes Tosen Zum Lispel wird!
Wie sanft er dort mit leisem Kosen Die Trift durchirrt! Hier fern von aller Welt geschieden Mein selbst bewußt, Athm’ ich Gesundheit, Kraft und Frieden
Aus freyer Brust! Hier schwebt mein Geist im Aetherlichte Des Späthroths hin. O, das erzählt Euch kein Gedichte, Wie froh ich bin! FRIEDERIKE BRUN. |