Der Rappe des Comturs (Andere Gedichte)
Der Rappe des Comturs. Herr Konrad Schmid legt’ um die Wehr, Man führt’ ihm seinen Rappen her: „Den Zwingli laß ich nicht im Stich, Und kommt ihr mit, so freut es mich.“
Da griffen mit dem Herren wert Von Küsnach dreißig frisch zum Schwert: Mit Mann und Roß im Morgenrot Stieß ab das kriegbeladne Boot. Träg schlich der Tag; dann durch die Nacht
Flog Kunde von verlorner Schlacht. Von drüben rief der Horgnerthurm, Bald stöhnten alle Glocken Sturm, Und was geblieben war zu Haus, Das stand am See, lugt’ angstvoll aus.
Am Himmel kämpfte lichter Schein Mit schwarz geballten Wolkenreihn. „Hilf Gott, ein Nachtgespenst!“ Sie sahn Es drohend durch die Fluten nahn. Wo breit des Mondes Silber floß,
Da rang und rauscht’ ein mächtig Roß, Und wilder schnaubt’s und näher fuhr’s … „Hilf Gott, der Rappe des Comturs!“ Nun trat das Schlachtroß festen Grund, Die bleiche Menge stand im Rund.
Zur Erde starrt’ sein Augenstern, Als sucht’ es dort den todten Herrn … Ein Knabe hub dem edeln Thier
Die Mähne lind: „Du blutest hier!“ Die Wunde badete die Flut,
Jetzt überquillt sie neu von Blut, Und jeder Tropfen schwer und rot Verkündet eines Mannes Tod. Die Comturei mit Thurm und Thor Ragt weiß im Mondenglanz empor.
Heim schritt der Rapp das Dorf entlang, Sein Huf wie über Grüften klang, Und Alter, Wittwe, Kind und Maid Zog schluchzend nach wie Grabgeleit.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:20 von 2rhyme
Autor: Conrad Ferdinand Meyer
Quelle: de.wikisource.org
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