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Im Walde bei L. (Andere Gedichte)

 Im Walde bei L.

O Thäler weit, o Höhen,
O schöner grüner Wald,
Du Meiner Lust und Wehen
Andächt’ger Aufenthalt!

Da draußen, stets betrogen,

Saußt die geschäft’ge Welt,
Schlag’ noch einmal die Bogen
Um mich, Du grünes Zelt!

Wenn es beginnt zu tagen,

Die Erde dampft und blinkt,

Die Vögel lustig schlagen,
Daß Dir Dein Herz erklingt:

[240]

Da mag vergehn, verwehen
Das trübe Erdenleid,

Da sollst Du auferstehen

In junger Herrlichkeit!

Da steht im Wald geschrieben
Ein stilles, ernstes Wort
Von rechtem Thun und Lieben,

Und was des Menschen Hort.

Ich habe treu gelesen
Die Worte schlicht und wahr,
Und durch mein ganzes Wesen
Ward’s unaussprechlich klar.

Bald werd’ ich Dich verlassen,

Fremd in der Fremde geh’n,
Auf buntbewegten Gassen
Des Lebens Schauspiel sehn;
Und mitten in dem Leben

Wird Deines Ernst’s Gewalt

Mich Einsamen erheben,
So wird mein Herz nicht alt.



Eingetragen am 08.11.2011 09:34:07 von 2rhyme
Autor: Joseph von Eichendorff
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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