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Der Schauende (Andere Gedichte)



Der Schauende


Ich sehe den Bäumen die Stürme an,
die aus laugewordenen Tagen
an meine ängstlichen Fenster schlagen,
und höre die Fernen Dinge sagen,

die ich nicht ohne Freund ertragen,

nicht ohne Schwester lieben kann.

Da geht der Sturm, ein Umgestalter,
geht durch den Wald und durch die Zeit,
und alles ist wie ohne Alter:

Die Landschaft, wie ein Vers im Psalter,

ist Ernst und Wucht und Ewigkeit.

Wie ist das klein, womit wir ringen,
was mit uns ringt, wie ist das groß;
ließen wir, ähnlicher den Dingen,

uns so vom großen Sturm bezwingen, –

wir würden weit und namenlos.

Was wir besiegen ist das Kleine,
und der Erfolg selbst macht uns klein.
Das Ewige und Ungemeine

will nicht von uns gebogen sein.

Das ist der Engel, der den Ringern
des alten Testaments erschien;
wenn seiner Widersacher Sehnen
im Kampfe sich metallen dehnen,

fühlt er sie unter seinen Fingern

wie Saiten tiefer Melodien.

Wen dieser Engel überwand,
welcher so oft auf Kampf verzichtet,
der geht gerecht und aufgerichtet

und groß aus jener harten Hand,

die sich, wie formend, an ihn schmiegte.
Die Siege laden ihn nicht ein.
Sein Wachstum ist: der Tiefbesiegte
von immer Größerem zu sein.



Eingetragen am 08.11.2011 09:33:20 von 2rhyme
Autor: Rainer Maria Rilke
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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