Vom Schöppenstuhle der Vernunft (Andere Gedichte)
Vom Schöppenstuhle der Vernunft Bist du vollständig freigesprochen; Das Urtheil sagt: die Kleine hat Durch Thun und Reden nichts verbrochen.
Ja, stumm und thatlos standest du, Als mich verzehrten tolle Flammen – Du schürtest nicht, du sprachst kein Wort, Und doch muß dich mein Herz verdammen. In meinen Träumen jede Nacht
Klagt eine Stimme, die bezichtet Des bösen Willens dich, und sagt, Du habest mich zu Grund gerichtet.
Sie bringt Beweis und Zeugniß bei, Sie schleppt ein Bündel von Urkunden;
Jedoch am Morgen, mit dem Traum, Ist auch die Klägerin verschwunden. Sie hat in meines Herzens Grund Mit ihren Acten sich geflüchtet – Nur eins bleibt im Gedächtniß mir,
Das ist: ich bin zu Grund gerichtet.
Eingetragen am 08.11.2011 09:35:22 von 2rhyme
Autor: Heinrich Heine
Quelle: de.wikisource.org
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