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Jung-Elschen (Andere Gedichte)

Jung-Elschen.


Der Abendwind streicht durch den Wald
Und Blatt und Blatt sich säuselnd grüßen,
Das Lied der Nachtigall erschallt
In Liebestönen, schmeichelnd süßen.

Noch spielt der letzte Rosenschein

Der Sonne um die höchsten Bäume,
Doch schläft schon manche Blüte ein,
Wiegt leis ihr Haupt als ob sie träume.

Still wird die Luft, es sinkt der Thau

Und überzieht mit feuchtem Glänzen

Die blütenreiche, duftge Au,
Als schmück’ er sie zu Elfentänzen.

Schon fliegt der erste Glühwurm aus,
Nachtfalter schwirrend sich erheben –

Da tritt Jung-Elschen aus dem Haus

Zur Gartenthür, mit leisem Beben.

Den Riegel innen schiebt sie fort,
Um hinter sich ihn leis zu schließen;
Den Abendstern, der Unschuld Hort,

Hat ihr der erste Blick gewiesen.


Seit Wochen hat sie hier geweilt

Und treu gepflegt die alte Muhme,
Bis sie genas – nun einmal eilt
Sie zu des Waldes Heiligtume.

Längst hat sie sich dahin gesehnt,

Doch machte ihr die Muhme bange,
Die Raub und Mord im Walde wähnt
Und hinter Blumen selbst die Schlange.

Sie sollt’ am Abend nie allein

Die einsam stillen Pfade gehen – –

Doch würde Gott nur bei ihr sein,
Was könnte ihr denn wohl geschehen?

Er hatte ja den Wald gebaut
Mit seinen hehren Buchenhallen –

Wie sollte denn, wer Gott vertraut,

Nicht froh und sicher darin wallen??

Die Muhme schlief, die Magd war da,
Jung-Elschen konnte fort sich schleichen,
Und bald war sie dem Walde nah,

Er grüßte sie mit heilgem Schweigen.


Ganz einsam war’s – ein Wandersmann
Kam ihr entgegen nur geschritten,
Er hielt den Fuß dicht vor ihr an,
Um eine Gabe sie zu bitten.

Sie grüßt ihn still und gab ihm mehr

Als er gewohnt war zu erhalten –
Er sah sie an – und dankte sehr –
Und sie sprach tröstlich: „Gott mags walten!“

Wie schön war’s drinnen nun im Wald!

Der Mond begann heraufzusteigen –

Doch plötzlich lauter Sang erschallt,
Wo vorher noch das tiefste Schweigen.

„Ei, guten Abend schönes Kind!
So einsam hier im Mondenscheine? –“

„Der Abend ist so hold und lind –

Ich bin im Walde gern alleine.“

„Hei, abgeblitzt!“ ein Andrer rief:
„Die weist uns selbst im Wald die Thüre!“
Ein Scherzwort durch die Burschen lief –

„Wohl – jeder wird, was ihr gebühre.“


Sie zogen fort, und lächelnd stand
Jung-Elschen da im Mondenlichte –
Strich sinnend mit der weißen Hand
Ihr Goldhaar aus dem Angesichte. –

Und wieder herrschte tiefe Ruh

Vom Teppichmoos bis zu den Sternen –
„O. Nacht, wie doppelt schön bist du,
Wenn wir im Wald dich kennen lernen!“

Andacht durch ihre Seele zieht,
Die Hände faltet sie zusammen,

Und betend fromm sie niederkniet,
Im blauen Aug’ Begeistrungsflammen.

Und plötzlich schreckt ein Fluch sie auf –
Sie sieht in rauhen Mannes Händen

Des blitzenden Gewehres Lauf

Und ruft erschreckt: „Das müßt Ihr wenden!“

„Ich bin kein Dieb, bin auch kein Reh,
Dafür Ihr mich vielleicht gehalten –
Ein Mädchen nur ich vor Euch steh,

Dess’ Hände betend sich gefalten!“ –


Da schüttelt es den bösen Mann,
Den böse That zur Flucht getrieben,
Er ruft: „Für mich auch bete dann!“
Und kehrt sich um – „Zu Gott, dem lieben!“

Ruft sie mit unschuldsvollem Laut

Dem Flücht’gen nach. Dann kehrt sie wieder
Zum stillen Haus, zum Garten traut,
Wo süß noch duften Ros’ und Flieder.

Am Morgen sie zur Muhme spricht:

„Ich will es ehrlich dir gestehen,

Ich hab’ im stillen Mondenlicht
Im Wald mich gestern umgesehen.“

Die Muhme fährt erschreckt sie an:

„Weh’, wenn dich jemand dort getroffen!“

„Niemand hat mir ein Leid’s gethan!“

Und Elschen schildert Alles offen.

Die Muhme hört’s, der Fassung bar –
Dann seufzt die Brust, die angstbefreite –
„Du ahntest nicht einmal Gefahr – –

Die Unschuld[1] gab dir das Geleite!“

Eingetragen am 08.11.2011 09:34:15 von 2rhyme
Autor: Louise Otto
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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