Jüngstens träumte mir: spatzieren (Andere Gedichte)
Jüngstens träumte mir: spatzieren In dem Himmelreiche ging ich, Ich mit dir – denn ohne dich Wär der Himmel eine Hölle.
Dort sah ich die Auserwählten, Die Gerechten und die Frommen, Die auf Erden ihren Leib Für der Seele Heil gepeinigt: Kirchenväter und Apostel,
Eremiten, Kapuziner, Alte Käutze, ein’ge junge – Letztre sahn noch schlechter aus!
Lange heilige Gesichter, Breite Glatzen, graue Bärte,
(Drunter auch verschiedne Juden), – Gingen streng an uns vorüber, Warfen keinen Blick nach dir, Ob du gleich, mein schönes Liebchen, Tändelnd mir am Arme hingest,
Tändelnd, lächelnd, kokettirend! Nur ein Einz’ger sah dich an, Und es war der einz’ge schöne, Schöne Mann in dieser Schaar; Wunderherrlich war sein Antlitz.
Menschengüte um die Lippen, Götterruhe in den Augen, Wie auf Magdalenen einst Schaute Jener auf dich nieder.
Ach! ich weiß, er meint es gut – Keiner ist so rein und edel – Aber ich, ich wurde dennoch Wie von Eifersucht berühret – Und ich muß gestehn, es wurde Mir im Himmel unbehaglich –
Gott verzeih’ mir’s! mich genirte Unser Heiland, Jesus Christus.
Eingetragen am 08.11.2011 09:34:15 von 2rhyme
Autor: Heinrich Heine
Quelle: de.wikisource.org
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