Altes Kaminstück (Andere Gedichte)
Draußen ziehen weiße Flocken Durch die Nacht, der Sturm ist laut; Hier im Stübchen ist es trocken, Warm und einsam, stillvertraut.
Sinnend sitz’ ich auf dem Sessel, An dem knisternden Kamin, Kochend summt der Wasserkessel Längst verklungne Melodien. Und ein Kätzchen sitzt daneben,
Wärmt die Pfötchen an der Gluth; Und die Flammen schweben, weben, Wundersam wird mir zu Muth. Dämmernd kommt heraufgestiegen Manche längst vergess’ne Zeit,
Wie mit bunten Maskenzügen Und verblichner Herrlichkeit.
Schöne Frau’n, mit kluger Miene, Winken süßgeheimnißvoll, Und dazwischen Harlequine
Springen, lachen, lustigtoll. Ferne grüßen Marmorgötter, Traumhaft neben ihnen stehn Mährchenblumen, deren Blätter In dem Mondenlichte wehn.
Wackelnd kommt herbeigeschwommen Manches alte Zauberschloß; Hintendrein geritten kommen Blanke Ritter, Knappentroß. Und das alles zieht vorüber,
Schattenhastig übereilt – Ach! da kocht der Kessel über, Und das nasse Kätzchen heult.
Eingetragen am 08.11.2011 09:32:58 von 2rhyme
Autor: Heinrich Heine
Quelle: de.wikisource.org
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