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Die „Juister“ und ein Hans Sachs’scher Schwank (Andere Gedichte)

          „… Er ging nach der Thüre,
Und dort frug er den Hüter: ‚Was sind das, Petrus, für Leute,
Die sich so unnütz machen? Was sind das für grobe Gesellen?‘
‚Das sind Leute von Juist. Ich weiß nicht, wie sie es machten,
Um in den Himmel zu kommen, wohin sie so wenig gehören,
Wie ein Schwein in ein jüdisches Haus,‘ antwortete Petrus.
‚Nun, so wirf sie doch wieder hinaus!‘ ‚Nein, Lieber, das geht nicht.
Unser himmlischer Vater ist so grundgütig; wenn einmal
Wer in den Himmel gelangt, hat Gott mir geboten, ich soll ihn
Nicht mit Gewalt austreiben, und, siehst Du, sie gehen von selbst nicht
Wieder zur Pforte hinaus.‘ ‚Ei nun, das will ich doch sehen!
Für ein Völkchen wie dies ist der wahre Himmel der Strandraub.‘
Also versetzte darauf der heilige Paulus und legte
Sich zum Fenster hinaus, als ob da draußen was los sei.
‚Schiff am Strande!‘ so rief er mit dröhnender Stimme. Die Juister
Hörten sobald nicht den Ruf, so liefen sie rasch aus der Thüre,
Wie auf Juist sie gewohnt, wenn: ‚Schiff am Strande!‘ geschrie’n wird.
Rasch schloß Petrus die Thür und rief: ‚Ihr kommt mir nicht wieder.‘“

„Gespräch Sanct Peter’s mit den Landsknechten“ heißt nun ein ganz ähnlicher Schwank von Hans Sachs. In Kürze geht die Sache so zu. Neun arme Landsknechte ziehen, da kein Krieg los ist, auf den Bettel – auf das sogenannte „Garten“ – aus. Eines Morgens trägt sie ihr Weg bis vor’s Himmelsthor. Sie klopfen an; Petrus aber, welcher der Pforte wartet, will erst die Erlaubniß des Herrn einholen.

Der spricht: „Laß sie länger warten!“

Als nun die Landsknecht’ mußten harren,
Fingen sie an zu fluchen und zu scharren:
„Marter, Leiden und Sacrament!“
Sanct Peter diese Flüche nit kennt;
Meint, sie reden von geistlichen Dingen;
Gedacht’ in Himmel sie zu bringen.
Und sprach: „O lieber Herre mein!
Ich bitte Dich, laß sie herein.
Nie frömmere Leut’ hab’ ich gesehen.“

Der Herr antwortet:

„O Peter, Du kennst sie nit recht!
Ich seh’ wohl, es sind Landsknecht’,
Würden wohl mit muthwilligen Sachen
Den Himmel uns zu enge machen.“

Sanct Peter bittet mehr und mehr. Der Herr spricht:

„… Nun! magst sie lassen ’rein;
Du sollst mit ihnen behangen sein.
Schau’ wie Du sie wieder bringst hinaus!“
Sanct Peter war froh überaus
Und ließ die frommen Landsknecht’ ein.
Sobald sie in Himmel kamen hinein,
Bettelten sie herum bei aller Welt,
Brachten zusammen ein gut’ Stück Geld,
Hockten nieder aus den Plan
Und fingen gleich zu würfeln an.
Und eh’ eine Viertelstund’ verging,
Ein Hader sich bei ihnen anfing …
Zückten vom Leder allesammen,
Und hieben da mit Kräften zusammen;

Jagten einander hin und wieder
In dem Himmel auf und nieder.

Nun wettert Petrus seinerseits:

„.... Wollt Ihr in dem Himmel balgen?
Hebt Euch hinaus an lichten Galgen!“ –
Die Landsknecht’ ihn tückisch ansahen,
Und thäten auf Sanct Petrus schlahen,
Daß ihnen Sanct Peter mußt’ entlaufen,
Zum Herrn kam mit Aechzen und Schnaufen
Und klagt’ ihm über die Landsknecht’.
Der Herr sprach: „Dir geschieht nit Unrecht!
Hab’ ich Dir nicht gesaget heut’:
Laß sie drauß’ – es sind freche Leut’?“

Es handelt sich jetzt darum, die Raufbolde hinauszubringen.

Der Herr sprach: „Einen Engel gebeut,
Daß er eine Trommel nehm’ zur Hand,
Und vor des Himmels Pforten stand,
Und einen Lärmen davor schlag’!“
Sanct Peter thät nach seiner Sag’.
Sobald der Engel den Lärmen schlug,
Liefen die Landsknecht’ ohne Verzug
Eilend hinaus durch’s Himmelsthor;
Meinten, es sei ein Alarm davor.

Sanct Peter verschloß die Himmelspforten,
Versperrt die Landsknecht’ an den Orten.
Der’ keiner ist seither hineingekommen,
Weil Pauct Peter mit ihnen thät brummen.
Doch nehmt auf Schwankweis' dies Gedicht,
Wie Hans Sachs es ohn’ all’ Arges spricht.

Diese Darstellung ist ein Muster ruhiger Schalkheit. Die kurze, meist iambische Versform, die ja auch Goethe mehrmals dem Nürnberger Meister entlehnt hat, erhöht den lebendigen Eindruck. Ebenso vortrefflich, aber noch urkomischer, ist der andere Hans Sachs’sche Schwank: „Der Teufel läßt keinen Landsknecht mehr in die Hölle fahren“. Selbst dieser Schwank aber wird übertroffen durch den andern: „Warum die Bauern nicht gern Landsknechte beherbergen“. In solchen heiteren Darstellungen hat uns der Dichter die werthvollsten Züge zur Geschichte seiner Zeit aufbewahrt.

Die Landsknechte waren der häufige Vorwurf der Muse des auf Volksrecht und deutsche Einheit haltenden Bürgers der freien Reichsstadt. Jene Truppen bildeten bekanntlich den Anfang der stehenden Heere und damit der Macht des auf Zerreißung der Nationaleinheit abzielenden Landesfürstenthums. Durch nichts weniger als Mannszucht sich auszeichnend, standen die Landsknechte anfänglich nur ab und zu im Dienste, trieben sich, wenn entlassen, oft als abgerissene Bettler im Lande herum, wurden der Gegenstand eines halb ärgerlichen Mitleides und dadurch, sozusagen, schwankfähig. Nicht selten jedoch arteten sie in’s Räuberhafte aus. Im Hinblick all solches Unwesen nannte Hans Sachs den Krieg eine Mutter alles Ungemachs, aller Untugenden ein Ziehpflaster.

In seinem „Landsknechtsspiegel“ zeigt ihm der große Gott der Natur die Verheerungen des Krieges in Feld und Stadt, das Darniederliegen des Gewerbefleißes, die sittliche Versunkenheit der Streitenden, das Stillstehen der Gerechtigkeitspflege, die Schlacht mit ihren Schrecknissen. So will denn der Dichter, voll Trauer, nichts vom Kriege wissen; da antwortet ihm aber der Genius des Rechtes:

„Gesell! man muß des Feinds sich wehren,
Der wider Recht und Ehren bekümmert unser Land.
Allda mit theurer Hand wehrt man sich recht und billig.
Da sollst auch Du gutwillig Deinem Vaterland beisteh’n.
Als ein ehrlicher Mann d’ran setze Leib und Blut,
Kraft, Macht, Gewalt und Gut, Dein Vaterland zu retten –
Wie auch die Alten thäten.“

Bei aller Neigung zur scherzhaften Laune zieht sich dieser tief sittliche Ernst durch die gesammte dichterische Thätigkeit Hans Sachsens. Sein warmes Gefühl für menschliches Leiden ließ ihn, wie gegen die Tyrannei in Staat und Kirche, so auch gegen die verderblichen Fürstenkriege auftreten. In der ergreifenden Schilderung, welche die Aufschrift trägt; „Das schädlich große und starke Thier, der Krieg“, ist fast etwas von Dante’schem Sehergeist. Ja, es findet sich da bei dem sonst so ruhig öfters handwerksmäßig trocken erzählenden Dichter ein Schwung düsterer Weissagung, eine tief schmerzliche Ahnung kommenden Unheils, als hätte er die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges geahnt.

Hans Sachs hat jetzt endlich sein Denkmal in der Vaterstadt, die er mit so warmes Liebe besungen. Wünschen möchte man nur, daß auch seine so lange in Vergessenheit gerathenen Werke wieder Volkseigenthum würden, wie sie es einst gewesen. Alles, was sich auf diesen Volks-Goethe des sechszehnten Jahrhunderts bezieht, ist der Untersuchung wohl eben so werth, wie das ältere Schriftthum fremder Nationen, dem wir Deutsche stets so gründliche Aufmerksamkeit zuwenden. Darum mag bei Anlaß des Scherzes über „Die Juister“ der Hinweis auf einen Hans Sachs’schen Landsknechtsschwank schon gerechtfertigt sein. Das Zusammentreffen ist so überraschend, daß sich die Forschung nach der Quelle schnell aufdrängt.“[2]




  1. ? Inzwischen in dem amerikanischen Blatte „The Syracuse Daily Journal“ vom 24. Mai in englischer Uebersetzung erschienen.
    D. Red.
  2. ? So sehr ich Hans Sachs verehre, und obwohl ich auf seinem Dreibein in Nürnberg gesessen und mich selbst zu einem Fastnachtsschwank: „Der Teufel zu Lübeck“ habe begeistern lassen, war mir doch, als ich die „Juister“ schrieb, der von Karl Blind treffend zur Vergleichung angezogene Schwank gänzlich entfallen. Meine Quelle ist die allermodernste: ein Aufsatz von Fanny Lewald, der voriges Jahr in einem hiesigen, bereits wieder eingegangenen Wochenblatte erschien. Berlin, im August 1879.
    Heinrich Kruse.


Eingetragen am 08.11.2011 09:33:44 von 2rhyme
Autor: Die Gartenlaube
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org



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