Einsame Wanderungen (Andere Gedichte)
Einsame Wanderungen. Es hat mich oft hinausgezogen, In Nächten sternenlos und rauh, In der Novembernebel Wogen Und in ihr dichtes, feuchtes Grau;
Es kam zu mir wie fernes Klagen Der Glocken Hall, erstickt und dumpf, Und geisterhaft ins Dämmern ragen Sah ich am Bach den Weidenstumpf. Ich schritt durch flockiges Gewimmel,
Das weiß und dicht und still und sacht Herniedersank vom grauen Himmel In lautlos stummer Winternacht. ich sah die duftig-zarten Schleier Des Frostes von den Zweigen wehn,
Und weiß bereift, in stiller Feier, Die Bäume wie verzaubert stehn. Ich bin allein hinausgeschritten, Und weggehaucht war alles Weh, Wenn leise unter meinen Schritten
Geknirscht der frosterstarrte Schnee, Wenn sich in kalter Luft der linde, Der warme Mundeshauch verlor, Wenn mir der Bart im scharfen Winde Zu stechendem Gezack gefror.
Ich sah die Sterne dicht und dichter Herauf in buntem Feuer ziehn, Und wenn das Spiel der Himmelslichter, Im Eise glitzernd wiederschien, Wenn wild daher das Sturmgetose,
Die weite Fläche fegend, schnob, Daß wirbelnd mir das feine, lose Geweh’ ins Auge eisig stob – Dann hab’ ich zornig wohl und bitter Im Schreiten vor mich hingelacht,
Wenn ich an all’ den Tand und Flitter, Der Andrer einzig Glück, gedacht, Bis mich mit ihrer Geistesleere Ein tiefes Mitleid überkam, Und allen Groll mir still die hehre,
Tiefernste Pracht vom Herzen nahm.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:51 von 2rhyme
Autor: Rudolf Lavant
Quelle: de.wikisource.org
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