Venus Vita (Andere Gedichte)
Und einen Feldweg, und um Morgengrauen, die kahlen Bäume stehen da wie tot, ich aber wandre, ohne aufzuschauen. Ich fühle eine Furcht; und Regen droht.
Ich höre den gedüngten Acker schweigen; und heute wird kein Morgenrot. Die Straße teilt sich. In den schwarzen Zweigen sagt keine Tafel mir die rechte Spur: soll ich hinunter, soll ich steigen.
Da däucht mir, in der tiefen Flur rief mich mein Name; aus ersticktem Munde. Ich horche; Nichts. Im Osten nur enttaucht ein Licht dem fernen blassen Grunde. Es ist kein Stern, es schimmert warm und traut,
mir dämmert eine längst vergangne Stunde, und wieder hör’ich fern und laut die bange Stimme meinen Namen rufen; und mir graut. Mir scheinen plötzlich diese Ackerhufen
bekannt; ich bin so wandermatt; und dieser Pfad, und diese Wurzelstufen? hinab! – Schon wird der Abhang glatt; auf Einmal, wie von einem Kinderwagen, springt mir ein Rad
unter den Füßen auf. Ich seh es jagen, es springt und rollt den Kiesweg vor mir her, seh’s Funken schlagen; mein Schreck, mein Zittern wird Begehr, ich muß ihm nach, es haben! bis zur Kehle
hämmert mein Herz, das Rad rennt immer mehr, und immer ruft mich klagend jene Seele und winkt das Licht, das Rad – Ich – jetzt: ich greife, fehle, es ist ein Lichtrad! halt! nach, eh’s zerbricht!
ich fass’es, stürze – wach’ich? meine matten Finger umklammern es, – nein – nicht: in meiner Hand zerrann es wie ein Schatten ...
Eingetragen am 08.11.2011 09:35:20 von 2rhyme
Autor: Richard Dehmel
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|