Eines Negers Klage (Andere Gedichte)
EINES NEGERS KLAGE Ich bin in Sachsen als Neger geboren, Zickzackbeinig und unehelich. Meine Eltern habe ich schon früh verloren. Beide haben mich sehr viel geschlagen,
Aber niemand bedauerte mich. Aber das hat nichts zu sagen. In der Schule war ich sehr borniert. Später ging mir’s immer besser. Denn da wurde ich als Feuerfresser
Nach Bilbao engagiert. Darauf war ich jahrelang Reklame Für den besten Schuhputz auf der Welt. Und dann hat mich eine reiche Dame Bei dem Oberkutscher angestellt.
Aber diese Stellung werde Ich verlassen, weiß nur noch nicht, wann Weil ich, wie die Dame meinte, Pferde Nicht von Eseln unterscheiden kann. Aber das hat nichts zu sagen,
Denn ich merke, was die Dame meint, Und ich habe schon so viel ertragen, Und ich habe oft für mich geweint.
Und am liebsten ginge ich nach Sachsen, Wo die Menschen immer anders sind.
Denn ich bin dort einmal aufgewachsen. Und ich hieß damals das Negerkind.
Eingetragen am 08.11.2011 09:33:51 von 2rhyme
Autor: Joachim Ringelnatz
Quelle: de.wikisource.org
Weitere Informationen unter: http://de.wikisource.org
|